Excerpts from / Texte aus
Komm' Hanna, komm'!
Frank Hoffmann

(Hamburg: Heinrich-Heine-Buchhandlung und Verlag, 1982)

 

 

 



Hanna, die vom Fenstersims flog
mit den Mohnaugen
aus dem vierten Stock.

 

 

 

 

Nachts gegen zwei
wenn Häuserblöcke sich
zusammenschieben
langsam zerquetschen
das Gehirn

immer nur
das Gehirn

 

 

 

Hanna streichelt das Fensterglas.
Es kann nicht denken.

 

 

 

Am Faltenhimmel
siehst du dein Gesicht dir an
wolkenlos blau
es regnet nicht mehr
— die Dürre
von keinem
so ersehnt

 

 

(I)

Wo die Jahre hier
so vorbei fliegen
wie verunglückte Meteoriten,
heiß und letztendlich doch aschkalt,
da fällt mir der Regen
so ahnungsvoll auf mein schweigend Narrenhaupt,
daß ich fast noch glauben könnte
hier
nicht auf den Weltuntergang, nein,
auf dich
zu warten.

 

(II)

          (In memoriam Ingeborg Bachmann)

Zwischen Wahnsinn und Wiederwahnsinn,
zwischen Erwachen und Wiedererwachen,

du meine Schönigin,
zerbrich meine Sprache —

die dunklen Lustigtöne.

 

 

 

 

Manchmal auch
schmeißt du Steine in den Regen
lachst wie gewohnt,
aber urplötzlich
der Einfall zu fliegen.

 

 

 

Komm' Hanna, komm'!
        Wir wollen wieder
                Ochsenfrösche fangen.

 

 

 

Immer wieder
von neuem
sich befreien
unerlaubterweise
Verantwortung und
das Schicksal, sein Schicksal
hinter sich
lassen.
Und jedesmal dann
bleibt der Aufprall
als konsequente
Folge des Überholvorgangs
trotzdem
unergründlich.

 

 

 

Die Träume
längst abgenabelt
und verbrannt

Aus Flügelasche
wiedergeboren
nur der Schrei

des Phönix aber

 

 


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Ungesagtes vergilbt in den Gehirnen.

 

Du hast ihnen erklärt: deine Hilflosigkeit, deine Angst, deine Einsamkeit. Sie erklärten dir, ihre Doktrin.

 

Sehnsuchtsvoll hocken sie auf Katafalken, noch hoffend auf Eiche.

 

In einem bestimmten Alter hört man auf sich grundlegend für Leben oder Nicht-Leben zu entscheiden. Man hat sich schon zu oft für beides entschlossen.


Manchmal wirfst du mit Liebe nur so um dich, aber niemals erträgst du den Gegenangriff.


Selbst wenn die Sekunde des Todes dir bekannt wäre, käme er doch in einem völlig unerwarteten Augenblick.